Ich bin ein wenig erschrocken darüber, wieviel aneinander gereihten Unsinn Welt online in dem Interview “Wir brauchen einen-Erasmus-des-Internets” publiziert. Die Positionen von David Gelernter sind einfach schlecht reflektierter Blödsinn, der mehr über die veraltete Weltsicht der Intellektuellen aussagt, als über das Internet.
Zunächst einmal sollte offensichtlich sein, dass es einen fundamentalen Unterschied zwischen den “Technikern” und Firmen, die Medienmonopole anstreben, gibt.
“Es ist Zeit für die Techniker, wieder im Keller zu verschwinden. Sie sollen ihr Gehalt bekommen und neue Dinge austüfteln. Aber sie sollten im Hintergrund bleiben, genau wie in Hollywood oder am Broadway. Die Show müssen andere schmeißen.”
Für mich übersetzt sich diese Aussage in: “Wir Intellektuellen müssen weiterhin sekundäre Nutznießer eines Systems sein, dass aus großen, wichtigen Sendern und kleinen, entmündigten Empfängern/Konsumenten besteht. Wir möchten weiterhin die Knappheit von Medienprodukten als Quelle unserer eigenen Wichtigkeit bestätigt sehen.”
Ja, es gibt eine Entfremdung. In den letzten zwanzig, dreißig Jahren hat sich die Einstellung zur Technologie entscheidend verändert. Früher haben die Künstler neue Medien umarmt.
Nun wird’s richtig dämlich. Künstler scheuen heute Medien? Vielleicht liegt das einfach daran, das Herr Gerlernter eine willkürliche Trennung zwischen Technikern und Künstlern schafft und dann technischen Künstlern das Internet wegnehmen möchte, um es wieder den großen Medienkonzernen zuzuschieben, in der Hoffnung dadurch andauerndes Prestige und ein paar Silberlinge zu erhalten.
Meine Arbeit als Software-Entwickler mag keine Kunst sein, sie ist aber zumindest kreative Leistung und Kunsthandwerk. Einige meiner früheren Arbeiten würde ich aber durchaus als Kunst bezeichnen. Der Künstler der Zukunft ist in einem so hohem Maße Technik-affin, dass es Intellektuellen von gestern offensichtlich schon schwer fällt, ihn von den Firmen der Branche zu unterscheiden. Digitale Kunst ist zumindest eine Ergänzung des klassischen Kunstbegriffes.
Was wir brauchen ist nicht eine Rückkehr zu alten Medienmachtstrukturen, sondern ein freies Internet der Bürger. Ein Internet, dass die neuen technischen Möglichkeiten zur Verwirklichung eines transparenten und demokratischen Mediensystems nutzt, wie es früher schlicht nicht möglich war.